London ist seit Jahrzehnten der Hotspot der europäischen Finanzindustrie. Viele Banken, Investmentanbieter und weitere Finanzdienstleister aus aller Welt haben ihren europäischen Hauptsitz an die Themse gelegt. Seit einiger Zeit geht der Trend in eine andere Richtung. Zahlreiche Banken haben angekündigt, ihre Büroflächen in London, coronabedingt, zu reduzieren. Insgesamt droht eine Steigerung des Büroleerstands in der britischen Hauptstadt um bis zu 40 Prozent. So auch die Bank HSBC, die in dem ehemaligen Hafenviertel Canary Wharf einen 200 Meter hohen Wolkenkratzer mit 46 Etagen betreibt. Sie will die Büroflächen um fast die Hälfte verringern, da die Mehrheit der 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten.
Ähnliche Situation in Deutschland nicht absehbar
Und wie ist die Situation der Bürowirtschaft in Deutschland? Droht hier ein ähnliches Szenario wie in London? „Nein – aktuell sehe ich diese Entwicklung in Deutschland nicht“, resümiert Lars Henckel, Vorsitzender des Bundesverbandes Business Center. „Der Leerstand wird in der Pandemie zwar steigen, allerdings nicht in diesem Ausmaß.“ Die Mieten in London seien mehr als doppelt so hoch wie in deutschen Großstädten. Zudem seien Pendlerzeiten von zwei Stunden dort keine Seltenheit. Die Meinung, dass die Corona-Pandemie zu großen Einschnitten in der Bürowirtschaft führen wird, habe sich bislang nicht bewahrheitet.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Zusammenspiel zwischen Homeoffice und dem Büro in der Innenstadt. „Der Arbeitsalltag wird nicht mehr ausschließlich im Büro stattfinden. Die Räume werden eher situationsbedingt genutzt werden“, sagt Lars Henckel. Die Bürofläche passt sich entsprechend der Nutzung an: So wird ein Konferenzraum für Meetings vorgehalten oder auch ein Großraumbüro, wenn es auf eine schnelle Kommunikation ankommt. Ebenso können auf der Fläche auch Einzelbüros eingerichtet werden.
Die Ansprüche an die Büroräume haben sich geändert
Die Unternehmen haben offensichtlich festgestellt, dass der flexible Arbeitsplatz für die Büroarbeit nach der Pandemie fest zur Arbeitswelt gehören wird, ist sich der Vorsitzende des Bundesverbandes sicher. „Die Ansprüche an die Bürofläche sind heute andere als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren. Die starren, unveränderbaren Räumlichkeiten gibt es nicht mehr. Die Büroräume müssen hybride sein und sich damit der entsprechenden Situation des Unternehmens anpassen.“
Die Auswirkungen, die die Pandemie auf die Bürowirtschaft in Deutschland haben wird, bieten zahlreiche Chancen. So werde sich die Nutzung der Bürofläche durch Entwicklungen, wie dem Homeoffice ändern, prognostiziert Lars Henckel. „Die Bürowirtschaft muss auf diese langfristige Entwicklung reagieren und den Unternehmen entsprechende Angebote machen“, stellt er abschließend fest.
Business Center stellen wachsenden Bedarf für flexible und serviceorientierte Büroflächen fest
Die Anbieter von Business Centern berichten, dass momentan viele Unternehmen konkret auf der Suche nach flexiblen und modernen Büroflächen sind, die ergänzend oder sogar alternativ zu den Bestandsflächen den Bedarf nach corona-konformen und serviceorientierten Büros decken, ohne die Unternehmen langfristig zu binden. „Die Corona Pandemie bewirkt offensichtlich in vielen Unternehmen ein Umdenken weg von klassischen und langfristigen Mietlösungen hin zu innovativen Angeboten, die sich flexibel dem Platz- und Servicebedarf anpassen“, stellt Henckel nach einer Vorstandssitzung des Bundesverbandes fest. „Nach dem Hype der Coworking-Flächen mit großen und offenen Flächen sind aktuell variable Lösungen mit kleinen Arbeitseinheiten und einer hohen Dienstleistungsorientierung gefragt. Genau dies bieten die Unternehmen unseres Verbandes an und deshalb sind wir für die Zukunft grundsätzlich sehr optimistisch“, betont Lars Henckel.